Gebundene Ganztagsschulen – Offene Ganztagsschulen: Eine Gegenüberstellung
25. September 2024
In Deutschland gibt es neben Normalschulen auch gebundene und offene Ganztagsschulen, aber wo ist der Unterschied? Welche Vor- und Nachteile bringt das jeweilige System mit sich und welche Schulform passt zu welchem Kind ?
Ganztagsschulen und offene Ganztagsschulen sind zwei Konzepte der Schulorganisation, die in Deutschland genutzt werden, um eine ganztägige Betreuung und Bildung der Schüler zu gewährleisten.
Gebundene Ganztagsschulen:
Heute nutzen ca. 3,2 Millionen Schüler das Angebot der Ganztagsschule. Daher wird das Angebot an Ganztagsschulen stetig ausgebaut. Vor allem in Hamburg und Sachsen waren die meisten Schüler in Ganztagsschulen zu verzeichnen (Stand: 2022).
In Ganztagsschulen nehmen alle Schüler verpflichtend an den Ganztagsangeboten an mindestens vier Wochentagen teil. In dieser Zeit wird meist eine Verknüpfung zum Unterricht am Vormittag hergestellt, indem den Schülern beim Lernen geholfen wird und die Hausaufgaben erledigt werden.
Auch Freizeitangebote oder das Mittagessen sind in der Ganztagsschule gängig. Der Unterricht endet an den meisten Schulen spätestens um 16 Uhr.
Vorteile einer gebundenen Ganztagsschulen:
- Verbesserte Bildungsqualität: Durch den erweiterten Unterrichtszeitraum haben Lehrer mehr Zeit, um Lerninhalte zu vertiefen und individuell auf die Bedürfnisse der Schüler einzugehen.
- Individuelle Förderung: Ganztagsschulen bieten häufig zusätzliche Förderprogramme, Hausaufgabenbetreuung und Lernhilfe an. Schüler mit Lernschwierigkeiten können unterstützt und gefördert werden.
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Für berufstätige Eltern bieten Ganztagsschulen eine zuverlässige Betreuung ihrer Kinder über den gesamten Tag hinweg.
- Stärkung sozialer Kompetenzen: Durch die längere gemeinsame Zeit im Schulalltag wird das soziale Miteinander gefördert. Schüler haben mehr Gelegenheiten, soziale Fähigkeiten zu entwickeln, Freundschaften zu schließen und Konfliktlösungsstrategien zu erlernen.
- Gleichberechtigung und Chancengleichheit: Ganztagsschulen können dazu beitragen, Bildungsungleichheiten abzubauen, da sie allen Schülern unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund gleiche Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten bieten.
- Verhinderung von Langeweile und negativer Freizeitgestaltung: Durch die sinnvolle Gestaltung der Nachmittage kann die Schule dazu beitragen, dass Schüler weniger Zeit mit unproduktiven Aktivitäten verbringen.
Nachteile einer gebundenen Ganztagesschule:
- Eingeschränkte Freizeit und Familienzeit: Da die Schüler mehr Zeit in der Schule verbringen, bleibt weniger Freizeit für persönliche Interessen, Hobbys oder familiäre Aktivitäten.
- Erhöhte Belastung für Schüler: Ein langer Schultag kann ermüdend sein und zu Konzentrationsschwierigkeiten führen. Manche Schüler haben möglicherweise Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit und Motivation über den gesamten Tag hinweg aufrechtzuerhalten.
- Weniger Selbstbestimmung: Da der Tagesablauf stärker durch die Schule strukturiert ist, haben Schüler weniger Möglichkeiten, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Zeit verbringen.
- Emotional gebunden: Da Schüler in der Ganztagsschule automatisch emotional an den Ort Schule gebunden sind, fällt es ihnen schwer, abzuschalten und auch in spielerischen Aktivitäten mental Abstand zu gewinnen.
Offene Ganztagesschule:
Bei offenen Ganztagsschulen ist die Teilnahme am Nachmittagsprogramm freiwillig. Schüler können wählen, ob sie an den zusätzlichen Angeboten nach dem regulären Unterricht teilnehmen möchten oder nicht. Eltern und Schüler haben die Wahl, ob sie die Betreuung nur an bestimmten Tagen oder für bestimmte Aktivitäten in Anspruch nehmen möchten. Es gibt keine feste Verpflichtung für Schüler. Am Vormittag findet der reguläre Unterricht statt, während der Nachmittag für zusätzliche, freiwillige Angebote genutzt wird.
Das Ziel von offenen Ganztagsschulen ist, dass sie Flexibilität bei der Wahl der Wochentage bieten und besser auf individuelle Bedürfnisse eingehen können. Sie ermöglichen eine Betreuung über den Unterricht hinaus, ohne die Schüler verpflichten zu müssen.
Die Vorteile einer offenen Ganztagsschule:
- Großteils sind die Vorteile ähnlich wie bei der gebundenen Ganztagsschule.
- Flexibilität: Da die Teilnahme am Nachmittagsprogramm freiwillig ist, bietet das Familien zusätzlich Freiraum in ihrer Wochenplanung.
Nachteile von offenen Ganztagsschulen:
- Unterschiedliche Teilnahme und Integration: Da die Teilnahme am Nachmittagsprogramm freiwillig ist, nehmen nicht alle Schüler an den Aktivitäten teil. Dies kann zu einer unterschiedlichen Lernerfahrung und zu unterschiedlicher sozialen Integration innerhalb der Schülergruppe führen.
- Fehlender Rhythmus: Dadurch, dass die Schüler und Eltern selbst bestimmen können, ob und wann der Schüler die Betreuung am Nachmittag wahrnimmt, kann es zu einem fehlenden Tagesrhythmus kommen, was dem Schüler wiederum Orientierung und Sicherheit gibt.
- Fehlende Verbindlichkeit: Die Freiwilligkeit kann dazu führen, dass Schüler, die zusätzliche Unterstützung benötigen, diese möglicherweise nicht in Anspruch nehmen. Manche Schüler könnten das Nachmittagsangebot als optional betrachten und es meiden, obwohl es für sie pädagogisch sinnvoll wäre.
Zwischenfazit:
- Beide Modelle haben ihre spezifischen Vorteile und können je nach den Bedürfnissen der Schüler und der Schulgemeinschaft sinnvoll eingesetzt werden.
- Zusammengefasst sind Ganztagsschulen durch eine verbindliche Teilnahme am Nachmittagsprogramm für alle Schüler gekennzeichnet, während offene Ganztagsschulen flexibler sind und die Teilnahme an Nachmittagsangeboten freiwillig gestalten.
Schweden, Finnland und Kanada: Normalität Ganztagsschule
Nicht nur in Teilen von Skandinavien und Kanada sind lange Unterrichtstage für die Schüler Normalität. Auch in Spanien und Frankreich gibt es viele Schüler, die keine andere Form der Schule als den Ganztagsunterricht kennen.
In Schweden gibt es das Modell der Ganztagsschulen schon seit mehreren Jahrzehnten, und es hat sich über die Jahre weiterentwickelt. Das Konzept von Ganztagsschulen wurde in Schweden im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend integriert. Insbesondere seit den 1990er Jahren, als das Bildungssystem umfassende Reformen durchlief, um den Bedürfnissen von Schülern und Familien besser gerecht zu werden. Viele Schulen bieten eine Betreuung und Bildungsangebote bis zum späten Nachmittag oder sogar Abend an. Dies ist Teil des schwedischen Modells, das darauf abzielt, eine umfassende Unterstützung für alle Schüler zu gewährleisten und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern.
In Kanada gibt es keine landesweit einheitlichen Vorschriften für Ganztagsschulen. Stattdessen variieren die Modelle je nach Provinz. In einigen Regionen gibt es spezielle Programme, die auf den Ganztagsschul-Ansatz ausgerichtet sind. Diese Programme können zusätzliche Bildungsangebote, außerschulische Aktivitäten und Hausaufgabenbetreuung umfassen. Verschiedene Provinzen haben Pilotprojekte zum Test von Ganztagsmodellen gestartet. Diese Projekte können unterschiedliche Schwerpunkte haben, wie zum Beispiel die Verbesserung der Bildungsqualität, Unterstützung von benachteiligten Schülern oder die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Zeichnet sich bei den Ländern, die hauptsächlich Ganztags-Schulsysteme haben, ein positiver Trend ab?
Laut der Pisa-Studie 2022 waren Kanada und Schweden beide vor Deutschland. Die PISA-Studie (Programme for International Student Assessment) ist ein internationaler Schulleistungstest, in der die Kompetenzen von 15-jährigen Jugendlichen in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen getestet werden. Neben einem disziplinierten Schulsystem werden auch acht Prozent des Bruttosozialprodukts in die kanadische Bildung investiert, was vergleichsweise hoch ist. Diese Kombination aus hoher Bildungsqualität, Chancengleichheit, gut ausgebildeten Lehrkräften und einer inklusiven, auf Vielfalt ausgerichteten Bildungs Kultur trägt dazu bei, dass Kanada in der PISA-Studie immer wieder gute Ergebnisse erzielt.
Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Ganztagsschulen und den Ergebnissen der PISA-Studie ist komplex, und die Forschung liefert dazu unterschiedliche Erkenntnisse. Ein direkter und allgemeingültiger Zusammenhang ist schwer herzustellen, da viele Faktoren die PISA-Ergebnisse beeinflussen. Während einige Studien darauf hinweisen, dass längere Lernzeiten und zusätzliche Unterstützung in Ganztagsschulen das Lernen verbessern können, zeigen andere Untersuchungen, dass die Qualität des Unterrichts und die pädagogische Gestaltung wichtiger sind als die bloße Quantität der Zeit, die in der Schule verbracht wird.
Schweden hat ein Bildungssystem, welches Ganztagsschulen beinhaltet. Die guten Pisa-Ergebnisse Schwedens könnten aber auch auf andere Faktoren zurückzuführen sein, wie z. B. die hohe Qualifikation der Lehrkräfte, den Fokus auf Schüler Wohlbefinden, das Fördern von Chancengleichheit und eine starke Unterstützung für Schüler mit besonderen Bedürfnissen. Auch hier ist also eine direkte Kausalität zwischen Schulform und guten Pisa-Ergebnissen nicht darstellbar.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ganztagsschulen Potenzial bieten, die Bildungsergebnisse zu verbessern, wenn sie gut konzipiert und umgesetzt werden. Ein direkter, universeller Zusammenhang zwischen Ganztagsschulen und höheren PISA-Leistungen ist jedoch nicht belegt. Die Qualität der Bildung und die Art und Weise, wie die Lernzeit gestaltet wird, spielen eine entscheidende Rolle.
Auswirkung des Ganztagsschulen- Konzepts auf den Bedarf an Nachhilfe
Ganztagsschulen bieten mehr Zeit für individualisierten Unterricht und gezielte Fördermaßnahmen, was helfen kann, Lernlücken bereits in der Schule zu schließen. Doch nicht alle Schüler profitieren gleich von den Angeboten in Ganztagsschulen. Manche benötigen weiterhin spezielle Unterstützung, da sie beispielsweise langsamer lernen als der Rest der Klasse.
Vor allem die Gruppendynamik in der Klasse kann dazu führen, dass die Konzentration von Schülern schnell verloren geht. Kinder mit Adhs/Ads leiden besonders unter schnellem Konzentrationsschwäche und lassen sich schnell ablenken.
Außerdem ist die individuelle Betreuung bei einer Nachhilfe persönlicher und direkter auf den Schüler abgestimmt, was in einer Schule mit anderen Klassenkameraden nicht in diesem Ausmaß stattfinden kann. Ganztagsschulen können den Lehrstoff nicht immer in der nötigen Tiefe behandeln, insbesondere bei spezifischen Fächern oder Themen, weshalb Nachhilfe eine wertvolle Ergänzung bleibt.
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